Unangenehmen Gefühlen wie Angst, Trauer, Schuld und Scham, Hilflosigkeit oder Ablehnung möchten sich die meisten Erwachsenen nicht gerne stellen. Menschen haben Angst, Gefühle wirklich zuzulassen. Auch unsere Gesellschaft unterstützt diese Tendenzen. Lange Zeit galt der Grundsatz, Gefühle haben im Business nichts zu suchen. Und noch immer denken Menschen, lediglich ein Aneignen von Wissen reiche aus, seine Persönlichkeit zu entwickeln. Rational wissen wir vieles. Wir wissen, dass es sich lohnt, auf Feedback zu hören. Wir wissen, dass wir als Führungskräfte unseren Mitarbeitern vertrauen sollten. Wir wissen, dass wir aus Fehlern lernen können und dass vieles in unserem Leben durch eigene Glaubenssätze verursacht ist.

Doch: In den entscheidenden Momenten verhalten wir uns irrational.

Der Grund dafür ist, dass wir in unserem Kopf die Theorien und Thesen zwar verstehen und abgespeichert haben. Aber wir verstehen sie nicht in unserem Inneren. Dort führen früh angeeignete Grundüberzeugungen die Regie in unserem Leben und über unser Verhalten.

Managerseminare veröffentlichte kürzlich einen interessanten Artikel über Frozen Feelings – verdrängte Gefühle.

Wird durch ein Ereignis im Außen, eines dieser Grundmuster getriggert, so reagieren wir aus diesem alten Muster heraus. Genau wie das Kind, das diese Gefühle erlebte – nicht mehr sachlich, nicht mehr rational – so als hätten wir alles, was wir gelernt haben vergessen. Die Emotionen in uns haben die Regie über die Situation übernommen.

Es ist zwar nachvollziehbar, dass es angenehmer ist, nur die schönen Gefühle zuzulassen, doch diese Möglichkeit gibt es leider nicht. Wer unangenehme Gefühle unterdrückt, läuft nicht nur Gefahr auch schöne Emotionen nicht wirklich wahrnehmen zu können, sondern auch krank zu werden.

Psychologen der Universität Jena forschten in einer großangelegten Studie, in wie weit verdrängte Gefühle im Zusammenhang mit Krankheiten wie Herz-Kreislauferkrankungen, Asthma oder Diabetes stehen. Dafür sammelten sie weltweit verfügbare Einzelergebnisse. Als Ergebnis fanden sie heraus, dass es tatsächlich bei einigen Erkrankungen einen Zusammenhang gibt. Das Verdrängen von Gefühlen, ist zwar ein Abwehrmechanismus, den jeder Mensch von Zeit zu Zeit nutzt. Es gibt aber auch Menschen, in deren Persönlichkeit dieses Abwehrsystem ganz wesentlich verankert ist. Diese Eigenschaft nennen Psychologen Repression.

Sogenannte Represser sind Menschen, die generell negative Gefühle unterdrücken. „Diese Menschen zeichnen sich dadurch aus, dass sie einerseits angeben, wenig Angst zu verspüren, und sich andererseits sehr defensiv verhalten, also wenig risikofreudig sind und stets eine hohe Kontrolle über sich und die jeweilige Situation suchen“ sagt Marcus Mund, einer der leitenden Verantwortlichen dieser Studie. Interessanterweise sind Represser aber weitaus ängstlicher als sie selbst glauben oder das auch zugeben möchten. Sie reagieren unter psychischem Stress wesentlich stärker und häufiger als Nicht-Represser. Genau an dem Punkt setzt auch der Zusammenhang zwischen verdrängten Gefühlen und körperlicher Gesundheit an. Es besteht zum Beispiel ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Repression und erhöhtem Blutdruck, was wiederum schwerwiegende Folgeerkrankungen auslösen kann.

Darüber hinaus laufen viele Menschen, mit einigen Thesen, die sich gerade in der psycho-spirituellen Szene ausbreiten, Gefahr, sich solche Repressionen anzueignen, statt sich wirklich mit den dahinter liegenden Themen zu beschäftigen.

Unsere Grundüberzeugungen werden in der Kindheit angelegt. Wenn du Emotionen in dir hast, die in der Kindheit verletzt wurden oder die du nicht leben durftest, verschwinden diese Emotionen nicht einfach. Sie wandern ins Unbewusst und können sich auf vielfältige Weise äußern: Etwa durch eine diffuse Wut im Bauch, oder eine gedrückte Stimmung, übermäßiges Essen, Überreaktionen, Stressempfinden, Projektionen und Schuldzuweisungen, übermäßigen Leistungsanspruch, Perfektionismus und vieles mehr.

Gefühle möchten gefühlt werden. Man kann vor ihnen nicht weglaufen.

Die Psychologie spricht in diesem Zusammenhang gerne von Schatten. Sobald wir beginnen, diese Schatten zurück zu holen und zu reintegrieren, werden wir nicht nur psychisch gesunder und innerlich klarer, wir erhalten zudem die Möglichkeit, uns in unserem vollen Potenzial zu entfalten.

Eine der größten Wohltaten der Arbeit mit verdrängten Gefühlen ist, dass sie Energie freisetzt, die wir ansonsten im inneren Kampf mit unserem eigenen Schatten vergeuden. Wir brauchen sehr viel Energie, um eigene unerwünschte oder schmerzhafte innere Aspekte kontinuierlich vor uns zu verbergen.

Das ist, als wollten wir einen Ball unter Wasser drücken. Kaum lassen wir den Ball los, kommt er mit doppelter Kraft wieder nach oben.

Schattenarbeit bringt diese Energie wieder ins Fließen, sodass wir sie für unser Wachstum und für unsere Transformation nutzen können.

Zum Wachsen gehört auch, dass wir zulassen, was wir als unangenehm empfinden. Und das ist oftmals mit einer ungeschminkten Selbstwahrnehmung verbunden. Die positiven Auswirkungen dieser Arbeit erstrecken sich auf praktisch jeden Lebensbereich von Beziehungen bis hin zu Vitalität, Arbeit und Finanzen.