„Ich habe da ein Problem mit….., kannst du mir das mal schnell weg machen?“ oder „In unserer Firma gibt es einen Konflikt, machen Sie mal kurz ein Konflikttraining“ (bei dem die vom Konflikt betroffene Führungskraft noch nicht einmal anwesend war).

Kürzlich erlebte ich in einem Erbschaftsstreit sogar die Aussage eines Rechtsanwaltes mit Mediationsausbildung: „Emotionen haben hier nichts zu suchen!“.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch. Und ich habe den Eindruck, diese Herangehensweise an Probleme, verstärkt sich noch.

Die Hauptschulen sind das Problem – als Lösung wurden die Hauptschulen abgeschafft.

Die Kosten im Gesundheitswesen sind zu hoch – als Lösung werden Krankenhäuser geschlossen

Die Gewerkschaften sind das Problem – als Lösung werden sie abgeschafft

Das Konfliktpotential in den sozialen Medien steigt – als Lösung wird Zensur ausgeübt

Die Rechten sind das Problem. Vor einigen Jahren waren die Linken das Problem. Die Armen sind das Problem. Die Reichen sind das Problem. Die Alten. Die Jungen. Die Ungebildeten. Das Wetter. Das Klima.

Die Liste ist lang. Die Lösung immer gleich: Es wird etwas abgeschafft, eingeschränkt, geregelt. Alles schön aufgeräumt, direkt aus dem hippen Denken. So als wären Probleme etwas, das kurzfristig aus dem Boden sprießt und nur ausgemerzt oder aufgehoben werden muss und schwupp, ist das Problem gelöst.

Was immer noch nicht bemerkt wird, ist, dass das eigentliche Problem dieses Denken selbst ist und die daraus folgende Methode, mit Problemen umzugehen.

Doch Probleme sind nicht so einfach. Sie haben einen Kontext, einen ganzen Ursachenzusammenhang und oft liegen dahinter noch weitere Ursachen. Und wenn wir ein Problem lösen, reparieren wir nicht nur etwas. Wir schaffen einen völlig neuen Kontext und eine neue Kette von Ereignissen, die als Ursache für andere Dinge nachwirken.

Unsere Probleme von heute, sind unsere Lösungen von gestern.

Daher können Probleme nicht einfach isoliert betrachtet und auch nicht nach Lösungen gesucht werden. Wenn dies geschieht, verursachen die „Lösungen“ oft mehr Probleme als sie lösen sollten.

Die weit und leider immer noch etablierte Problemisolation und Suche nach schnellen Lösungen, entstammt einem Newtonschen Weltbild, weil es (größtenteils unbewusst) auf dem mechanistischen Denken von Issac Newton basiert. Er stellte sich vor, dass die Welt aus einzelnen Atomen bestehe, jedes isoliert in seinem eigenen Raum und seiner eigenen Zeit und unbeeinflusst von seiner Umgebung. Atome könnten zwar ein paar „Kratzer“ bekommen, wenn sie mit anderen Atomen zusammenstoßen, aber diese Begegnungen haben sie nicht wesentlich verändert.

Das Newtonsche Denken fand in den nächsten 300 Jahren Eingang in die Arbeit fast aller Denker in Psychologie, Politik, Wirtschaft und Management.

Spätere Generationen haben es mit der Muttermilch aufgesogen. Es hat zu vielen katastrophalen „Lösungen“ sowohl bei der Problemlösung als auch bei der Konfliktlösung geführt.

Stelle dir vor, du bist ein Goldfisch im Glas. Das kennst du seit Jahren. Dieses Glas und seine Innenausstattung ist deine Welt. Und du denkst, das wäre bereits die gesamte Welt. Es ist das, was du kennst. Alles darin ist für dich selbstverständlich und du denkst, jeder hat so ein Glas – also das gleiche Weltbild und Weltverständnis.

Die Fische werden das Wasser zuletzt entdecken. So eine uralte systemische Weisheit.

Erst wenn der Goldfisch es wagt, einmal aus dem Glas heraus zu springen, kann er das Glas entdecken und damit seine eigene Weltbeschränkung.

Das Gleiche gilt für unser Denken. Lernen, das Denken hinter dem Denken zu entdecken. Dann können wir wirklich etwas verändern.

So sind auch Arme, Ungebildete, Rechte, Linke, Gewerkschafter, Kritiker, Menschen die in prekären sozialen Situationen leben, Männer, Frauen, Ehepartner, Kinder……. Teil eines Lebens des Systems in dem wir leben. Die Aufzählung ist gerade willkürlich gewählt. Was sie jedoch gemeinsam haben: All die, die man gerade – je nach Gusto – zum Problem erklärt, sind echte Menschen mit echten Problemen, die auf zu schnellen Lösungen reagieren.

Wenn wir all das als Problem betrachten, das schnell gelöst werden muss, ignorieren wir die Gefahr den gesamten reichen und komplexen Kontext persönlicher, sozialer und wirtschaftlicher Faktoren zu ignorieren.

Wenn ich mit Menschen zusammenarbeite, fordere ich sie auf, bei der Problemlösung und Konfliktlösung einen eher „quantitativen“ oder integralen Ansatz zu verfolgen. Die Quantenphysik, die die Newtonsche Physik als genaueste Betrachtung der Realität, abgelöst hat, sagt uns, dass nichts im Universum isoliert existiert, dass es so etwas wie Trennung nicht gibt.

Alles was existiert, ist mit allem anderen verstrickt und zwar so tief, dass die innere Natur eines Quantenbits durch seinen Kontext definiert wird. Setze es in einen anderen Kontext und du erhältst etwas anderes. Darüber hinaus sind Probleme auch nicht nur „da draußen“ und können manipuliert werden.

Wir sind immer Teil des Problems und werden auch Teil der gewählten Lösung sein.

Der Quantenwissenschaftler weiß, dass der Beobachter entscheidet, was er beobachten kann und dass die Fragen, die er stellt, die Antworten bestimmen, die er erhält. Wenn er andere Fragen stellt, erhält er andere Antworten.

Und wir können Probleme nicht mit dem gleichen Denken lösen, mit dem sie entstanden sind.