Ich führte diese Woche ein sehr interessantes Akquisegespräch. Ein Mann mittleren Alters rief mich an, wegen eines Coachings. Es ging um eine Neupositionierung. Wir trafen uns in einem Café in der Stadt und es stellte sich heraus, dass es sich um einen Kollegen handelt. Ein alter Hase im Trainingsgeschäft. Fast 20 Jahre als aktiver Inhouse-Trainer für Personalentwicklung im Investmentbereich.
„Wissen Sie, ich brauche keinen Jungspund der denkt, mir mit Schulweisheiten die Welt erklären zu wollen und mir nach dem Mund redet“.
Das klang schon mal interessant für mich und nach jemandem, der selbst auf dem Boden der Tatsachen angekommen ist und weiß, worauf es ankommt.
Er erzählte weiter, dass er in seinem letzten Gespräch früh merkte, dass er etwas erzählte und der Coach aufeinmal in Theorien abglitt und ihm signalisierte, dass er so tief nicht ins Gespräch einsteigen wolle oder von dem Klienten nun Dinge kämen, die mit einem Business-Coaching nichts zu tun hätten.
Wie bitte?
och genau da ist es wieder, das Problem, das mir in der Branche schon seit geraumer Zeit heftig aufstößt: Die mangelnde Entwicklung, die in vielen Ausbildungen stattfindet. Oder der Anspruch, den Teilnehmer an ihre Coachingausbildungen haben –
Theorien und Tools und die richtigen Worte.
Viele denken, es gehe bei den Ausbildungen nicht um sie, sondern lediglich um die anderen. Die anderen, denen man zu helfen gedenkt.
Doch wenn die anderen, dann Themen anschneiden, die nicht so ganz in das Konzept passen, verlieren viele den Boden unter den Füssen, da sie sich selbst genau diesen Schatten noch nicht angesehen haben. Selbst nicht so tief in sich eingedrungen sind. Sich selbst noch nicht entwickelt haben.
Du kannst andere nur soweit begleiten, wie du selbst gegangen bist
Genau das scheint oft nur aus einem netten Spruch zu bestehen, der nicht wirklich mit Leben gefüllt wird.
Warum ist es so wichtig, dass ein Coach, ein Trainer, eine Führungskraft – und eigentlich jeder, der mit Menschen zu tun hat und sie in ihrer Entwicklung begleitet – sich zunächst einmal mit sich selbst auseinander setzt.
Wenn du Kinder hast, kennst du bestimmt das Phänomen, dass all die, die selbst keine Kinder haben, die besten und lautesten Ratschläge erteilen, wie man denn Kinder zu erziehen hat. Die Menschen, die selbst Kinder haben, schweigen meist – und das aus Erfahrung.
Wissen ist nichts ohne Erfahrung und Weisheit. Der wirklich Weise muss sich, um zu Weisheit zu gelangen von seinen eigenen Begrenzungen frei machen und die Filter seines eigenen Erkenntnisfeldes erkennen. Das geht nur in einem ständigen Prozess von Erlebnis – Erkenntnis – Verständnis – Erfahrung – Wissen – und Handeln.
Ich will es dir an einer Grafik verdeutlichen
In der ersten Grafik, ist der Klient in seiner eigenen Persönlichkeitsentwicklung und Lebenserfahrung wesentlich weiter entwickelt, als der Berater. Der Berater verfügt zwar über eine Menge Wissen und theoretischen Hintergründen, das gemeinsame Arbeitsfeld, das Klient und Berater miteinander teilen können, ist jedoch nicht wirklich groß. Der Berater in diesem Beispiel kann dem Klienten nicht wirklich in seiner Weiterentwicklung helfen, sondern ihn lediglich mit einigem Fachwissen versorgen.
Eine Entwicklung des Klienten ist erst im zweiten Beispiel der Grafik möglich. Der Berater hat sich selbst in seiner Persönlichkeit entwickelt und verfügt zudem über genügend Fachwissen und Know-how, um dem Klienten eine wirkliche Entwicklung zu ermöglichen.
Ebenso braucht ein Coach oder ein Trainer, eine gehörige Portion Feldkompetenz auf seinem Beratungsgebiet. Diese, verbunden mit der entsprechenden Fachkompetenz und Persönlichkeitskompetenz geben den entscheidenden Ausschlag zwischen guter und weniger guten Beratung.